Für die Opfer der "Euthanasie"-Verbrechen im Nationalsozialismus Baden-Württemberg

In Grafeneck begann im Jahr 1940 die sogenannte Aktion "T4". In einem Jahr wurden hier unter nationalsozialistischer Herrschaft 10.654 Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ermordet. Heute existiert in Grafeneck eine Gedenkstätte und ein Dokumentationszentrum zur Erinnerung an die Opfer und gegen das Vergessen in den Diskussionen der Gegenwart.

Panoramabild des Schlosses Grafeneck im Jahr 1930. Zu sehen ist das drei-flügelige Schloss auf einer Anhöhe, umgeben von Wald.
Das Foto zeigt einen von der Reichspost der T4-Organisation überlassenen roten Bus. Die Aufnahme entstand bei einer der Deportationen von Heimbewohnern aus der Stiftung Liebenau nach Grafeneck im Herbst 1940. Im Vordergrund zu sehen sind mehrere Personen, darunter zwei Männer in weißen Mänteln, die Formulare auszufüllen scheinen. Am rechten Bildrand steht ein Mann mit einer weißen Schürze. Im Hintergrund steht ein roter Bus.
Zur Landwirtschaft gehörendes Gebäude ("Remise"), in das zur Jahreswende 1939/40 eine Gaskammer eingebaut wurde. Das Bild zeigt ein längliches, weißes Gebäude. Links am Gebäude befindet sich eine Tür, rechts daneben drei Tore aus Holz. Die beiden mittleren Tore sind geöffnet.

PROTEST UND WIDERSTAND

Wenige Wochen nach Beginn der Morde am 18. Januar 1940 war die „Geheime Reichsache Grafeneck“ nicht länger geheim. Nur vereinzelte wagten dagegen anzugehen. Gleichgültigkeit, Apathie, Furcht, aber auch stillschweigende Zustimmung waren die Reaktionen. Das Wissen um Grafeneck gelangte über Gerüchte aus den Einrichtungen, den Angehörigen der Opfer und der Bevölkerung zu den Vertretern der kirchlichen Wohlfahrt – Innere Mission und Caritas - sowie den evangelischen und katholischen Landeskirchen in Württemberg und Baden. Ihre Proteste wurden ab Mitte 1940 laut. Jedoch scheinen diese vereinzelten Proteste den Abbruch der Morde im Dezember 1940 weder herbeigeführt noch beschleunigt zu haben. Er zeigte den staatlichen und parteiamtlichen Stellen aber das vollständige Scheitern der Geheimhaltungspläne. Widerstand ging von einzelnen Anstaltsdirektoren aus, die sich den Abtransporten und Deportationen ihrer Patienten entgegenstellten. Aber auch sie blieben die Ausnahme. In einem einzigen Fall gelang es dem Leiter der Kreispflegeanstalt Fußbach/ Gengenbach im Schwarzwald, die Deportation zu verhindern, obwohl die Busse aus Grafeneck bereits auf dem Hof seiner Einrichtung standen und der Transportleiter aus Grafeneck die Auslieferung verlangte. Der Anstaltsdirektor, dem zuvor Verhaftung angedroht worden war, verblieb ohne weitere Konsequenzen in seinem Amt.